Kultur in vielen Variationen 

Mit Abstand und trotzdem voller Empathie: So präsentierte sich die Verleihung der Kulturehrenbriefe, untermalt durch Orchestermusik im Kloster Altstadt in Hammelburg. „Die Kultur dient uns jeher als sicherer Hafen und als Fixpunkt, wenn sonst alles aus dem Ruder zu geraten scheint. Sie ist es, welche die Menschen bereits seit der Antike auch durch schwierigste Zeiten trug“, sagte Landrat Thomas Bold bei der Begrüßung der Gäste. Vertreter aus Politik, Verwaltung, Begleitpersonen und die zu Ehrenden durften nur teilnehmen, wenn sie nachweisen konnten, dass sie eine der drei geforderten 3G Regeln (Geimpft, genesen, getestet) erfüllen. Man könne meinen, es habe sich im vergangenen Jahr nicht viel getan, so Bold, doch man dürfe sich nicht täuschen lassen: Die Kreisverwaltungsbehörde hatte in kürzester Zeit ein Impfzentrum in Betrieb zu nehmen, bis heute logistisch, organisatorisch und personell ein immenser Aufwand. Regelungen seien seitens der Regierung nicht nur gefühlt täglich angepasst oder geändert worden, sagte Bold. Die sogenannte "Dritte Welle“ der Corona-Pandemie musste im Frühjahr durchgestanden werden. 

Vielfältige Kulturlandschaft 

Der Landrat beschrieb auch die „hässliche Fratze“ der Corona-Pandemie: Die nicht mehr nur verbal geführten Auseinandersetzungen zwischen Befürwortern und Gegnern der Corona-Maßnahmen. „Polizeibeamtinnen und –beamte - stellvertretend für den Staat - werden zur Zielscheibe der sich radikalisierenden Querdenker-Bewegung“, beschrieb Bold die Situation. Doch dank der Impfungen sei die Anzahl schwerer Verläufe bis hin zum Tod stark zurückgegangen. „Dies müssen selbst die Kritiker anerkennen“, sagte der Landrat und wandte sich der Kultur zu. „Kulturförderung zählt zu den freiwilligen Aufgaben der Kommunen“, fasste er zusammen und dankte den Verantwortlichen. Der Landkreis Bad Kissingen stellt jährlich erhebliche finanzielle Mittel zur Verfügung, um die vielfältige Kulturlandschaft im Landkreis zu erhalten und weiterzuentwickeln. Kultur brauche das Interesse des Publikums, machte Bold deutlich. Sie brauche im Hintergrund aber vor allem viele ehrenamtlich tätige Menschen und die Fürsorge aller politischen Ebenen: die Fürsorge des Staates, des Landkreises sowie der Städte und Gemeinden. Birgit Döhler, Kreisvorsitzende des Nordbayerischen Musikbundes erinnerte an die Schwierigkeiten, mit denen die Kulturschaffenden in den letzten Monaten zu kämpfen hatten, manchmal scheiterte es einfach an der Software. Sie hoffe, so Döhler „dass es im Landkreis weiterhin Menschen mit so hohem Engagement gibt.“ Das Kreisjugendblasorchester Bad Kissingen der Nordbayerischen Bläserjugend spielte ausgezeichnet – wenn auch nur in der kleinen Besetzung. Trotz des wunderbaren Ehrenabends im ganz besonderen Ambiente der Klosterkirche – einen kleinen Wermutstropfen gab es dann doch zu verzeichnen: Das Mitsingen des Frankenliedes, der Bayernhymne und des Deutschlandliedes war Corona-bedingt nicht erlaubt. 

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Auf dem Foto (von links) Landrat Thomas Bold, Bernd Neubig, Hans Dietrich Unger, Jürgen Sell, Hildegard Schütze, Horst Mahler, Stefan Ammersbach, Michael Henz und Mia Hochrhein. Foto: Landkreis Bad Kissingen/Anja Vorndran

Start bei der Feuerwehrkapelle

Stefan Ammersbach, Bad Kissingen: Seine musikalische Karriere begann Mitte der 1980er Jahre bei der Feuerwehr-Jugendkapelle Garitz. Schon in jungen Jahren bewies er sein Talent an der Trompete und legte in kürzester Zeit die Leistungsabzeichen Bronze, Silber und Gold des Nordbayerischen Musikbundes ab. Sein Wissen und Können gibt er an andere weiter, sie es beruflich, als Musiklehrer, oder durch sein starkes ehrenamtliches Engagement. Ammersbach war von 2000 bis 2009 Leiter des Hauptorchesters der Jugendfeuerwehrkapelle Garitz, parallel übernahm er von 2001 bis 2006 die musikalische Leitung der Musiktheatergruppe aLumina. Seit 17 Jahren steht er an der Spitze der Gesangs- und Instrumentalgruppe Hammelburg, 2014 kam noch der Chor InTakt des Gesangvereins Garitz hinzu, der seine Fans mit modernen Stücken aus Pop, Jazz und Gospel begeistert. 

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Landrat Thomas Bold und Stefan Ammersbach. Foto: Landkreis Bad Kissingen/Anja Vorndran

Kunst und Leerstand

Mia Hochrein, Münnerstadt: Sie leistet seit gut 15 Jahren bei der Umsetzung von Kunstprojekten einen unschätzbaren Beitrag zum kulturellen Leben Münnerstadts. Ein besonderes Anliegen ist dabei die Leerstandsbelebung sowie die Bewahrung kultureller Traditionen. Beispiele sind die Galerie auf Zeit (2007 bis 2011), die Galerie im Advent (2018, 2019) in leerstehenden Ladengeschäften sowie in den Corona-Jahren 2020/21 „Art to go“. In den Schaufenstern leer stehender Geschäfte wurden Werke lokaler Künstler präsentiert und zum Verkauf angeboten. Dazu kommen zahlreiche kleinere Aktionen und Kunstprojekte. Hochrhein ist Vorstandsmitglied der Museumsfreunde Münnerstadt e.V. und organisiert einen Teil der regelmäßigen Kunstausstellungen im Henneberg-Museum, weiterhin stehen mehrwöchigen Kunstfestivals unter dem Titel „Projekt else!“ auf dem Programm, die im Jahr 2013 die Marienanstalt und 2018 den Bahnhof durch Ausstellungen, Workshops, Konzerte und weitere Veranstaltungen mit Leben füllten und überregional für Aufsehen sorgten. Aktuell läuft das LEADER-Projekt „VIVID Freistadt transnational“, in dessen Rahmen sich die Künstlerinnen und Künstler des else!-Teams mit dem Verein kult:Mühlviertel aus dem Ober-österreichischen Freistadt mit dem Begriff der „Heimat“ auseinandersetzen. Am 23. Oktober 2021 gastiert Mia Hochrhein im Impfzentrum. 

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Landrat Thomas Bold und Mia Hochrein. Foto: Landkreis Bad Kissingen/Anja Vorndran

Mainfränkische Trias

Sammlergruppe Mainfränkische Trias, Euerdorf: Bereits 1968 begannen Horst Mahler und Jürgen Sell mit dem Sammeln von Fossilien, ihnen ging es damals in erster Linie um „schöne Versteinerungen“. 1970 kam Michael Henz hinzu und 1978 trat Bernd Neubig bei. In dieser Konstellation hat sich die Sammlergruppe über 40 Jahre - bis heute - erhalten. Mit den Funden nahm auch der Grad der Professionalisierung zu. Sie vernetzten sich mit anderen Fachleuten und es kam Ordnung in die Sammeltätigkeit. Der Aufbau des Grundstockes der heutigen Sammlung „Mainfränkische Trias“ hatte begonnen. Sie entdeckten im oberen Muschelkalk eine Insektenfauna, die bis dahin unbekannt war. Bis heute wurden 17 Holotypen (Erstfunde) wissenschaftlich bearbeitet, die zum Teil sogar nach den Findern benannt wurden. Sie stellten die inzwischen stattliche Sammlung an Exponaten dem Markt Euerdorf ab 1983 als Dauerleihgabe zur Verfügung. Entsprechende Räume wurden im alten Forsthaus bereitgestellt. Seit 2013 ist die paläontologische Sammlung Hauptbestandteil des Museums Terra Triassica. Hierzu wurde die Sammlung, bestehend aus einigen tausend Exponaten dem Markt Euerdorf als Schenkung übergeben. Beim Aufbau des Museums wurde immer wieder auf das Fachwissen der vier Freunde zurückgegriffen. Mit der Sammlung „Mainfränkische Trias“ hat der Markt Euerdorf ein Alleinstellungsmerkmal, das im Landkreises und weit darüber hinaus seinesgleichen sucht. 

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Landrat Thomas Bold und (von links)  Bernd Neubig, Jürgen Sell, Horst Mahler und Michael Henz. Foto: Landkreis Bad Kissingen/Anja Vorndran

Spielzeug aus aller Herren Länder

Hildegard Schütze, Bad Kissingen: Am 8. Dezember 2011 wurde im Museum Obere Saline in Bad Kissingen das Museum „Spielzeugwelt“ eröffnet. Dieses Museum basiert auf der beeindruckenden Spielzeug- und Kinderbuchsammlung von Hildegard „Hilla“ Schütze. Sie hat in ca. 50 Jahren zahlreiche Exponate aus der Rhön, aber auch aus weit entlegenen Winkeln der Erde, wie Japan, Russland, Afrika und Südamerika zusammengetragen. Kinder, egal in welchem Land sie leben, in welcher Kultur sie aufwachsen oder wie reich oder arm sie sind, haben eines gemeinsam: Sie lieben Spielzeug und wollen tun, was Kinder eben tun - nämlich spielen. Auch weit über die Grenzen des Landkreises hinaus ist Schützes Sammlung gefragt. So wurden Teile bereits in St. Ulrich, Südtirol, oder im Siebold-Museum in Würzburg präsentiert. Jung und Alt haben so die Möglichkeit, in Erinnerungen zu schwelgen, schon Vergessenes aus der eigenen Kindheit wieder zu entdecken und zu erfahren, dass sich Kinderbücher und Spielsachen anderer Kulturen gar nicht so sehr von den regionalen unterscheiden. 

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Landrat Thomas Bold und Hildegard Schütze. Foto: Landkreis Bad Kissingen/Anja Vorndran

Bildende und darstellende Kunst

Hans Dietrich Unger, Bad Brückenau: Als Initiator und Vorstandsmitglied des Vereins Kunsthaus Bad Brückenau e.V., hat sich Unger die Förderung bildender und darstellender Kunst zur Aufgabe gemacht. Im Verein kümmert er sich um alles - Sponsoring, Künstlerakquise, Kartenvorverkauf, Plakate, Werbung, Presse, Technik, Organisation von Ausstellungen und Veranstaltungen, insbesondere auch unter den aktuell schwierigen Bedingungen in Corona-Zeiten mit der Erstellung von Hygienekonzepten, Förderanträge und anderes mehr. Er ist Ideengeber für Aufbau und Ausstattung der Galerie zur Präsentation bildender Kunst sowie maßgeblich verantwortlich für deren Entwicklung zur Kleinkunstbühne mit Künstlern aus der Region und deutschlandweit, die als solche eine Alleinstellung im Landkreis genießt mit ca. 27 Veranstaltungen pro Jahr, davon ein Drittel Ausstellungen, zwei Drittel Konzerte, Kabarett, Theater, Lesungen, Vorträge. Eine echte Bereicherung, nicht nur für Einheimische, auch für Gäste. 

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Landrat Thomas Bold und Hans Dietrich Unger. Foto: Landkreis Bad Kissingen/Anja Vorndran  

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Die musikalische Umrahmung übernahm das Kreisjugendblasorchester Bad Kissingen der Nordbayerischen Bläserjugend unter der Leitung von Tanja Berthold. Foto: Landkreis Bad Kissingen/Anja Vorndran

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