Fünf-Sterne-Küche im Wald

Gleich vorneweg: Nein, das Reh ist nicht die Frau vom Hirsch. Der Hirsch paart sich mit einer Hirschkuh und der Rehbock mit einem Reh. Beide Arten zählen zum Schalenwild, sie sind Wiederkäuer, unter die hirschartigen fasst man Rotwild, Damwild, Sikawild, Rehwild und Elchwild zusammen. Elche und Sikawild findet man hier nicht, aber der der Hirsch mit seinem zuweilen imposanten Geweih ruft regelmäßig Entzückungsrufe bei denen hervor, die ihn zu Gesicht bekommen. In einem Wildpark zum Beispiel, einem Zoogehege oder sogar in der freien Natur. Rotwild ist tagsüber und nachts unterwegs, nicht selten legt es bei seinen Wanderungen zur Futtersuche bis zu 100 Kilometer zurück.

Unabhängig von der Schönheit, die die männlichen und auch die sanftmütig aussehenden weiblichen Tiere ausstrahlen: Sie verursachen Schäden in der Natur. Im Landkreis nicht wenige, das war auf der Versammlung der Rotwild-Hegegemeinschaft „Bayerische Rhön“ in der Thulbahalle in Thulba zu hören. „Unsere Wälder sind ein wichtiger Teil unserer Kulturlandschaft“, sagt Landrat Thomas Bold, „ihre Funktion geht weit über die Holznutzung hinaus, sie binden CO 2 und bieten Erholung. Daher ist Zukunftsvorsorge wichtig.“

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Auf dem Foto zu sehen sind (von links) Landrat Thomas Bold, Hegegemeinschaftsleiter Harm Humburg und Innenstaatssekretär Sandro Kirchner. Foto: Landkreis Bad Kissingen/Hans-Peter Donislreiter

Wenn Rotwild also Schaden anrichtet, wirkt sich das zunächst direkt auf den Wald und später auf den Menschen aus. „Man sagt uns, dass wir in unserer Region eine hohe Lebensqualität haben. Das hat viel mit all jenen zu tun, die sich um die Landschaft, die Lebensräume und die Natur kümmern. Und da sind Sie, die Jägerinnen und Jäger ganz vorne mit dabei“, äußerte sich der Landrat anerkennend über die Arbeit der Waidmänner und -frauen. Sie bereiten den Weg für gesunde Wildbestände, kümmern sich um den Schutz gefährdeter Tiere und schaffen eine Kulturlandschaft, in der auch das Rotwild Platz findet.

Zurück zu den Schäden: Darunter zu verstehen sind Schlag-, Fege- und Schälschäden. Schlagschäden entstehen bei der Reviermarkierung durch männliche Geweihträger. Wenn Hirsche den Bast vom Geweih loswerden wollen, reiben sie ihr Geweih an jungen Bäumen, das sind sogenannte Fegeschäden. Weiterhin gibt es Schälschäden, sie entstehen, wenn Rotwild sich an der Rinde von jungen Bäumen labt, sprich, die Rinde zum Fressen ablöst. Man unterscheidet hier zwischen Sommer- und Winterschäle. Die Täter und Täterinnen lassen deutlich erkennbar ihr Zahnspuren im Baum zurück: Im Winter, wenn die Rinde hart ist, kleine, herausgeknabberte Stückchen und im Sommer sogar richtig lange Streifen. Wenn das Wild zu viel Rinde ablöst, stirbt der Baum ab.

Am besten gelingt den Tieren das sorgenfreie Futtern unbeobachtet in jungen Fichtenwäldern – junge Bäume deshalb, weil deren Rinde wunderbar zart und frisch schmeckt und leicht abzuzupfen geht. Natürlich verziehen sich die Tiere dazu an die geeigneten Stellen im Wald, darunter zu verstehen sind auch Rückzugsorte in dichten Nadelholzbeständen. Im Prinzip sucht das Rotwild die Fünf-Sterne-Küche mitten im Wald zum Verspeisen der feinsten Stücke auf und geht nicht immer an die Stellen am Waldrand, die einer gut sichtbaren Pommes-Bude am Straßenrand gleicht.

Viel Arbeit und Zeit

Das wiederum macht es dem Jäger oder der Jägerin schwer, die Tiere zu entdecken. Aber, wo es eine Herausforderung gibt, entsteht auch eine Lösung. „Während des Jagdjahres braucht es eine Menge Arbeit und Zeit, die getätigten Abschüsse zusammenzufassen, auszuwerten und die Neuplanung immer wieder sachverständig und ausgewogen vorzunehmen“, erklärte Bold. Diese werde dann in Zusammenarbeit mit den Reviergruppensprechern, Revierinhabern und der Unteren Jagdbehörden abgestimmt. Dank des konsequenten und korrekten Meldeverhaltens und der Abschussplanung, so der Landrat, seien die Rotwildzahlen im Landkreis gesunken. „In den vergangenen Jahren wurde der Abschuss stetig erhöht“ erinnerte Bold an die vergangenen Jahre, nun werde erstmals wieder ein niedrigerer Sollabschuss im Vergleich zu den Vorjahren festgesetzt, nämlich auf nunmehr 822 Stücke.

Um die Tiere zu erlegen, sind die Jäger und Jägerinnen natürlich auch mit Waffen ausgestattet. „Seit dem Amoklauf in Hamburg“, ging Innenstaatssekretär Sandro Kirchner auf das Thema Waffen ein, „ist der Blick auf legale Waffenbesitzer wieder negativer besetzt, sie sollten aber nicht stigmatisiert werden. Bayern steht hinter seinen Schützen und Jägern.“ Oberhulbas stellvertretender Bürgermeister Jürgen Kolb nannte das Freizeitverhalten mancher Bürger und Bürgerinnen als problematisch, denn es bringe Unruhe in den Wald. Dadurch sei das Rotwild mehr auf den Läufen und habe einen höheren Nahrungsbedarf.

Kreisobmann Edgar Thomas zeigte sich zufrieden über die Zusammenarbeit der Landwirte und Landwirtinnen mit den Jägern und Jägerinnen – das sei nicht selbstverständlich, funktioniere im Landkreis aber sehr gut. Die Wichtigkeit von Wanderkorridoren für das Rotwild betonten die Vorstandsmitglieder Birgit Kompe und Christof Kühnlein. Die Hegegemeinschaftsleiter wurden einstimmig wiedergewählt.

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