Das Hochwasser im Juni in Bayern war eine Katastrophe, das Tausende von Menschen um ihr Hab und Gut brachte oder gar das Leben kostete. Helferinnen, Helfer und die Menschen vor Ort standen vor Trümmern, die einst Häuser waren, Straßen und Gehwege mutierten zu Müllbergen nachdem kleine Bäche zu reißenden Fluten anwuchsen und alles, was sich in den Weg stellte, fortschwemmte. Doch mitten in der Katastrophe entwickelte sich ein Gemeinschaftsgefühl: Zuerst halfen sich Nachbarn, dann erreichten die haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer von außerhalb das Hochwassergebiet und alle halfen zusammen - man nennt es auch Solidarität. Die einen pumpten Keller aus, die anderen stellten Übernachtungsmöglichkeiten bereit, halfen mit Kleidung und weiteren notwendigen Utensilien aus und vieles andere mehr wurde organisiert.
Helferfest im Atemschutzzentrum
Jetzt wurden die Einsatzkräfte aus dem Landkreis Bad Kissingen im Atemschutzzentrum in Oberthulba mit einem Helferfest belohnt, zudem wurden sie mit der Fluthelfer-Nadel ausgezeichnet. Verliehen wird sie von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Innenminister Joachim Herrmann. Überreicht wurden die Nadeln von Innenstaatssekretär Sandro Kircher und Landrat Thomas Bold. „Letztlich haben sich in Bayern rund 85.000 Helferinnen und Helfer, bestehend aus Feuerwehren, Hilfsorganisationen, THW, Polizei, Bundeswehr und vielen Freiwilligen eingefunden, die sich unermüdlich für die Rettung von Menschen, Sachgegenständen und für die Beseitigung der Schäden eingesetzt haben. Dafür sage ich allen – ganz besonders den Einsatzkräften aus dem Landkreis - meinen herzlichen Dank“, so Landrat Thomas Bold.
Über Tage hinweg engagiert
„Alle Helferinnen und Helfer haben sich mutig und selbstlos über Tage hinweg engagiert, das war bestimmt nicht immer einfach, denn Bilder einer solchen Katastrophe kennt man normalerweise nur aus dem Fernsehen“, sagte der Landrat. „Es ist nicht verkehrt, wenn wir uns in Erinnerung rufen, was Anfang Juni in Bayern stattgefunden hat. Das waren Dimensionen, die wir uns in dieser Form nicht haben vorstellen können“, so Innenstaatssekretär Sandro Kirchner. Die Fluthelfer-Nadel sei ein äußeres Zeichen, dass die Hilfe der Ehrenamtlichen sehr viel wert sei. „Wir, als Freistaat Bayern wollen darauf aufmerksam machen, das es Menschen gibt, die Außerordentliches für die Gesellschaft leisten“, sagte Kirchner.
Ein Teil des Teams der Freiwilligen Feuerwehren aus dem Landkreis, die im Einsatz in Südbayern waren mit (rechts) Landrat Thomas Bold und Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (Zweiter von rechts).
Freiwillige Feuerwehren rückten aus
Um die Hochwasserhelfer im Katastrophengebiet in Süddeutschland mit Essen und Trinken zu versorgen, rückte vom 6. bis 11. Juni ein Logistikzug bestehend aus sechs Fahrzeugen und sechs Anhängern mit Proviant für zunächst 48 Stunden aus. Mit dabei waren Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Bad Kissingen, Bad Brückenau, Burkardroth, Stangenroth, Kothen, Motten, Reiterswiesen und Ebenhausen. Auch wenn es banal klingt, regelmäßige Mahlzeiten sind entscheidend, wenn es darum geht Hilfe zu leisten. Nur wer ausreichend versorgt ist, kann gut arbeiten. So wurden Frühstück, warmes Essen und Snacks direkt vor Ort in der Feldküche zubereitet und verteilt. Insgesamt wurden rund hundert Personen verpflegt, 16 Einsatzkräfte kümmerten sich um die Logistik, die den Einkauf plante, die Speisen zubereitet hat und das Essen ausgab. Die Floriansjünger halfen im Landkreis Pfaffenhofen in Manching, Augsburg und Günzburg als Teil des unterfränkischen Ölwehr-Kontingents. Dessen Aufgabe ist, Heizöl aus den Kellern zu pumpen – um Schäden zu vermeiden darf es nicht in die Kanalisation oder in die Umwelt gelangen. Kontaminiertes Wasser wurde mit Containern abtransportiert.
Die Wasserretter des BRK mit (rechts) Innenstaatssekretär Sandro Kirchner und Landrat Thomas Bold (Vierter von rechts).
Medikamente per Boot zu den Patienten gebracht
Für das Team der Wasserwacht Hammelburg und mit Unterstützung der anderen Ortsgruppen des Landkreises, die als Teil des Wasserrettungszugs Unterfranken im Einsatz waren, hieß es: Unterkunft in Günzburg im Legoland beziehen, Verpflegung einnehmen – um dann um 23 Uhr nach Offingen umzuziehen. Das Wasser stieg immer noch rasant an – alleine 1,5 m während der Anwesenheit der Retter. Die Bewohner und Bewohnerinnen wurden völlig überrascht und im Wasser eingeschlossen. Vom 1. bis zum 3. und am 6. Juni wurden in den Landkreisen Günzburg und Donauwörth rund 30 Evakuierungen durchgeführt. Gerettet werden konnte eine Adipositas-Patientin. Menschen, die auf Medikamente angewiesen waren, wurden per Boot versorgt: Die Sozialstation brachte die Arzneimittel bis ans Wasser, hier warteten die Einsatzkräfte der Wasserwacht, die mit der wertvollen Fracht zu den Patientinnen und Patienten ruderte. Besonders dramatisch entwickelte sich die Suche nach einem durch einen Bootsunfall vermissten Feuerwehrmann. Die Wasserwachtler wissen bis heute nicht, ob er gefunden wurde. Ein 91-Jähriger dagegen konnte aus dem Hochwasser gerettet werden. Er wollte mit seinem Auto zu seiner alten Firma fahren – sie war sein Lebenswerk. Er blieb in den Fluten stecken und konnte nur mit Hilfe eines Radladers gerettet werden. Nach einer medizinischen Untersuchung wurde er an seine Angehörigen übergeben.
Die DLRG Einsatzgruppe mit (rechts) Innenstaatssekretär Sandro Kirchner und Landrat Thomas Bold (Dritter von rechts).
Auch ein Herz für Haustiere
Zur weiteren Aufgabe zählte die Aufrechterhaltung des Rettungsdienstes im Überschwemmungsgebiet. Im gesamten Einsatz des Wasserrettungszuges Unterfranken waren die beiden Flachwasserboote der Wasserwacht Hammelburg die einzigen Boote, die auf Grund der stark schwankenden Wasserstände, eingesetzt werden konnten. Die DLRG (Deutsche-Lebensrettungs-Gesellschaft) Ortsgruppe Bad Kissingen und Hammelburg befand sich mit dem Wasserrettungszug Unterfranken mit insgesamt elf Personen im Hochwassereinsatz in Dinkelscherben. Dabei stellten sie die Zusatzkomponente Strömungsretter. Ein Herzinfarkt-Patient konnte gerettet werden, doch auch für Haustiere zeigten die Helfer ein Herz: weil viele Menschen ihren Hund oder ihre Katze als Familienmitglied sehen, wurden auch diese – soweit möglich - gerettet. Ein DLRG-Luftretter, der die Hubschrauberstaffel der Polizei in München unterstützt, kam mehrfach zum Einsatz. Während die Polizei den Hubschrauber fliegt, befindet sich der DLRG-Luftretter am Seil um Personen, die sich in einer Notlage befinden aus unterschiedlichsten Wassergefahren zu retten. Die Air-Rescue-Specialists (ARS), wie die Luftretter fachlich bezeichnet werden, sind ausgebildete Wasserretter bzw. Strömungsretter. Sie alle haben eine Ausbildung in Fließgewässern absolviert, besitzen eine Grundausbildung am Hubschrauber, verfügen über eine Einsatzausbildung und sind in psychologische Betreuung ausgebildet.
Das THW-Team mit (links) Landrat Thomas Bold und (rechts) Innenstaatssekretär Sandro Kirchner. Fotos: Landkreis Bad Kissingen/Anja Vorndran
Wasser stieg schnell
Das THW (Technisches Hilfswerk) Ortsverband Bad Kissingen unterstützte vom 2. bis 8. Juni mit dem Zugtrupp und der Fachgruppe N in Neuburg an der Donau und Schrobenhausen. Die Ehrenamtlichen halfen zunächst bei Pumparbeiten, das Wasser stieg schnell – innerhalb von zwei Stunden bis zu 50 Zentimeter. Wenig später galt es der FFW Neuburg unter die Arme zu greifen: In einem Entlackungsbetrieb musste ein Schwefelsäure- und Laugenbecken vor den Fluten geschützt werden. Der Zugtrupp des THW war als Einsatzabschnittsleitung Ölschaden eingesetzt und koordinierte die Einsätze der Einheiten sowie der zivilen Saugwägen, außerdem wurde der Abtransport in die Sepcon Anlagen organisiert. Hierbei handelt es sich um einen mobilen Fettabscheider zur Trennung von Wasser und Ölen oder ölhaltigen Stoffen.