Reaktion von Landrat Thomas Bold auf die Information der Taskoforce-Netzausbau (Bay. Wirtschaftsministerium)

Hier der Wortlaut des Schreibens:


Netzausbau im Landkreis Bad Kissingen


Sehr geehrter Herr Staatsminister Aiwanger,

zunächst möchte ich mich für die Information über die Verhandlungen mit dem Bund und den ebenfalls betroffenen Ländern Hessen und Thüringen hinsichtlich der Netzausbauprojekte bedanken.

Leider erweist sich das Ergebnis für den Landkreis Bad Kissingen als sehr problematisch.

Ausgangspunkt war und ist es weiterhin, den Bereich Grafenrheinfeld / Bergrheinfeld als Einspeiseschwerpunkt und damit auch den Landkreis Bad Kissingen, der als Nachbarlandkreis von den Zuleitungen betroffen wäre, zu entlasten.

Dies wurde in der Vergangenheit auch von der Staatsregierung und dem bayerischen Wirtschaftsministerium so vertreten und hat letztlich seinen Niederschlag in den politischen Vereinbarungen der Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD im Eckpunktepapier für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende vom 1. Juli 2015 zum bürgerfreundlichen Netzausbau gefunden. Hiernach war eine weitest gehende Entlastung des nach den bisherigen Szenarien und Netzentwicklungsplänen stark belasteten Netzknotenpunkts Grafenrheinfeld / Bergrheinfeld vorgesehen.

Der nunmehr in Aussicht gestellte Wegfall der P 44 greift vor diesem Hintergrund deutlich zu kurz.

Inzwischen steht nämlich fest, dass die Vorzugsvariante des Trassenkorridors für den SuedLink mit der Stammstrecke den Landkreis Bad Kissingen durchqueren soll. Hinzu kommt, dass sich diese gemeinsame Stammstrecke für die Vorhaben Nr. 4 "Wilster – Grafenrheinfeld" und Nr. 3 „Brunsbüttel – Großgartach“ im Landkreis Bad Kissingen aufspalten soll. Der Landkreis ist also bereits vom SuedLink massiv betroffen.

Mit der nun angekündigten Planung der Wechselstromtrasse P 43 in ihrer ursprünglichen Variante von Mecklar nach Grafenrheinfeld wird die Zielvorgabe einer Entlastung der Region um Grafenrheinfeld / Bergrheinfeld und der umliegenden Landkreise endgültig verfehlt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre wiederum der Landkreis Bad Kissingen betroffen.

In den vergangenen Jahren ist es mühsam gelungen, die Akzeptanz für den SuedLink dank der Umsetzung als Erdkabel zu steigern. Daneben wurde im Landkreis Bad Kissingen mit der Errichtung von 33 und der Genehmigung von weiteren 12 Windkraftanlagen ein beachtlicher Beitrag zur Energiewende geleistet. Dabei ist es gelungen, das Landschaftsschutzgebiet Bayerische Rhön als „Land der offenen Fernen“ mit seinen natur- und artenschutzrechtlich sensiblen Bereichen von Windkraftanlagen frei zu halten. Es würde deshalb auf völliges Unverständnis stoßen, wenn unser Landkreis – wie von Ihrer Taskforce-Netzausbau angekündigt – mit einem weiteren Leitungsbauvorhaben belastet würde. Hie-ran vermag auch die unverbindliche Aussicht, die P 43 „so weit wie möglich“ als Erdkabel umzusetzen, nichts zu ändern.

Es wäre deshalb zunächst von einer neutralen Stelle auf eine für die Bevölkerung transparente Weise zu berechnen, ob für einen bedarfsgerechten Netzausbau überhaupt weitere neue Wechselstrommaßnahmen mit einem Endpunkt in Grafenrheinfeld / Bergrheinfeld notwendig sind.

Die Behauptung der Übertragungsnetzbetreiber, wonach die Ursprungsvariante P 43 wegen ihrer angeblich größeren netztechnischen Effizienz vorzugswürdig ist, ist bisher nicht transparent und für die betroffene Region und die benachbarten Landkreise nachvollziehbar belegt worden. Dies wird dem rechtsstaatlichen Gebot der Klarheit in keiner Weise gerecht.

Dies gilt umso mehr, als – anders als bisher dargestellt – die P 43 netztechnisch nun offenbar doch auch ohne die P 44 umsetzbar sein soll. Weiterhin scheint nicht geprüft, ob beispielsweise mit einer Erhöhung der Übertragungsleistung beim SuedLink oder durch andere Optimierungs- und Verstärkungsmaßnahmen des vorhandenen Netzes ein Verzicht auf die P 43 möglich wäre.  

Dies entspräche auch dem zugrunde gelegten NOVA-Prinzip, wonach Netzoptimierungs- und Netzverstärkungsmaßnahmen gegenüber Ausbaumaßnahmen priorisiert werden. Erst wenn alle anderen technischen Optionen zur Optimierung oder Verstärkung des Netzes ausscheiden, soll als letztes Mittel ein Leitungsneubau in neuer Trasse unter zusätzlicher Rauminanspruchnahme in Erwägung gezogen werden!

Ich möchte Sie bitten, wie Ihre Vorgänger die Interessen der Bevölkerung im Landkreis Bad Kissingen zu unterstützen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Bold
L a n d r a t

 

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