Aktuelle Rechtsprechung


Jagdrecht und Hegepflicht


Zwangsmitgliedschaft in Jagdgenossenschaft
Die Zwangsmitgliedschaft von Grundstückseigentümern in Jagdgenossenschaften, und damit verbunden die zwangsweise Jagdnutzung ihrer Grundflächen durch Jäger, verstößt in Frankreich gegen den Schutz des Privateigentums.
Werden Grundstückseigentümer dazu gezwungen, einem Jagdverband beizutreten, obwohl sie die Jagd aus ethischen Gründen ablehnen, so verstößt dies gegen Art. 11 EMRK (Vereinigungsfreiheit).
EuGMR; Urt. vom 29.04.1999, Az. 25088/94, 28331/95 u. 28443/95
Anm: Das franz. "Verdeille-Gesetz" räumt den Jägern ohne eigenen Grundbesitz faktisch ein Jagdrecht auch gegen den erklärten Willen von Grundstückseigentümern ein. Dies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg nun für verfassungswidrig erklärt!

Enteignung einer Jagdgenossenschaft
Art. 14 GG; §§ 8, 9 BJG; § 50 Hess. Enteignungsgesetz
Wird durch den Neubau einer Bahnstrecke auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses ein gemeinschaftlicher Jagdbezirk unter Inanspruchnahme von Grundeigentum durchschnitten, so liegt auch gegenüber der Jagdgenossenschaft eine Enteignung vor, wenn die Abtretung der benötigten Grundflächen seitens der Jagdgenossen freihändig zur Vermeidung einer Enteignung erfolgt ist.
BGH; Urt. vom 20.01.2000, Az. III ZR 110/99

Kein Zwangsanschluss von Eigenjagdbezirken
§§ 7, 8 BJG
Zusammenhängende Grundflächen, die einen selbständigen Eigenjagdbezirk bilden, werden nicht Bestandteil eines gemeinschaftlichen Jagdbezirkes.
VG Weimar; Urt. vom 10.10.1994, Az. 8 K 10/94

Festlegung von Jagdbezirksgrenzen

  1. Bestand, Umfang und Grenzen eines Jagdbezirks können durch Verwaltungsakt festgestellt werden. Gegenstand des Verwaltungsaktes kann dabei auch die Frage der Zugehörigkeit bestimmter Flächen zu einem Jagdbezirk sein.
     
  2. Abänderungsverfügungen ergehen nicht zugunsten von Beteiligten, sondern werden ausschließlich aus Gründen des öffentlichen Interesses an einer geordneten Jagdausübung getroffen. Soweit sie im Einzelnen wirtschaftliche Vorteile bringen, handelt es sich um bloße Folgen der Entscheidung, auf deren Erlangung oder Belassung kein Anspruch erhoben werden kann.

VGH München; Urt. vom 20.08.1999, Az. 19 B 95.2879

Gesonderte Besteuerung des Eigenjagdrechts bei Grundstücksverkauf
§ 6b EstG
Der auf das Jagdrecht entfallende Gewinn bei einer Grundstücksveräußerung unterliegt nicht den Begünstigungen des § 6b EStG und ist daher grundsätzlich in vollem Umfang steuerpflichtig.
Bundeseinheitlicher Erlass des Niedersächsischen Finanzministeriums vom 23.06.1999, Az. S 2171-23-312


Jagdpacht und Wildschäden


Pächterstreitigkeiten kein Kündigungsgrund für Jagdgenossenschaft
Interne Streitigkeiten unter Mitpächtern, die nicht die Ausübung der Jagd betreffen, berechtigten die Jagdgenossenschaft nicht, einem der Jagdpächter den Jagdpachtvertrag aufzukündigen.
LG Kassel; Az. 8 O 2419/97 u. OLG Frankfurt; Az. 2509/98 (Vergleich)

Jagdpachtkündigung: Abmahnung Ja oder Nein?
§ 581 (2) i. V. m. § 553 BGB
Die Kündigung eines Pachtverhältnisses setzt grundsätzlich eine Abmahnung voraus.
Eine Abmahnung vor Ausspruch der außerordentlichen Kündigung ist nur dann entbehrlich, wenn das Fehlverhalten des Vertragspartners die Vertrauensgrundlage in so schwerwiegender Weise erschüttert hat, dass diese auch durch eine erfolgreiche Abmahnung nicht wiederhergestellt werden könnte.
BGH; Urt. vom 26.05.1999, Az. VIII ZR 123/98
Einer Abmahnung bedarf es nicht, wenn feststeht, dass der Vertragspartner diese nicht zum Anlass genommen hätte, sein Verhalten entsprechend zu ändern.
BGH; Urt. vom 19.02.1975, Az. VIII ZR 1995/73

Jagdpachtvertrag: Fristlose Kündigung
§ 581 BGB
Ist den Pächtern eine Unterverpachtung nicht gestattet und liegen die weiteren Voraussetzungen des § 553 BGB (insbesondere eine Abmahnung) vor, so kann der Verpächter den Jagdpachtvertrag ohne Einhaltung einer Frist kündigen.
BGH; Urt. vom 18.11.1999, Az. VIII ZR 168/98 (Naumburg)

Förmlichkeiten bei fristloser Kündigung
§§ 581(2), 553, 554 BGB

  1. An das Vorliegen eines eine fristlose Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grundes sind strenge Anforderungen zu stellen. Geringfügige Vertragsverletzungen oder leichte Verstöße gegen das Jagdrecht genügen nicht, ohne vorherige Abmahnung, einen Pachtvertrag fristlos zu kündigen.
     
  2. Die von einem Jagdvorstand ausgesprochene Kündigung ist rechtsunwirksam, da gemäß § 8 Abs. 3 g der Rahmensatzung für Jagdgenossenschaften nach dem Brandenburgischen LJG hierüber allein die Jagdgenossenschaftsversammlung zu befinden hat.

LG Neuruppin; Urt. vom 12.09.1997, Az. 3 O 164/96(ähnlich LG Berlin, Az. 12 O 524/96)

Jagdausübungsrecht: Jagderlaubnis oder Unterverpachtung?
§ 581 BGB
Vereinbaren Jagdpächter und Inhaber einer (entgeltlichen) Jagderlaubnis, dass der Erlaubnisscheininhaber im Innenverhältnis zu den Jagdpächtern in Bezug auf die Wahrnehmung des Jagdausübungsrechts und der sonstigen Pächterrechte eine völlig gleichberechtigte Stellung innehat, dann ist diese Vertragsgestaltung einer Unterverpachtung gleich zu erachten.
BGH; Urt. vom 18.11.1999, Az. VIII ZR 168/98

Klauselverbot für Wildschadenspauschale
§ 11 Nr. 5b AGBG; § 29 BJG.

  1. Die Vereinbarung in einem Jagdpachtvertrag, wonach der Jagdpächter für die Abgeltung des Wildschadens auf den landeseigenen, forstwirtschaftlich genutzten Flächen dem Verpächter eine jährliche Pauschalentschädigung zu zahlen hat, ist wegen Verstoß gegen § 11 Nr. 5b des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen rechtsunwirksam. Diese vertragliche Regelung schneidet dem Jagdpächter den Nachweis ab, dass ein Wildschaden überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale ist.
     
  2. Rückzahlungsansprüche für eine zu Unrecht gezahlte Wildschadenspauschale verjähren nicht gemäß § 197 BGB in 4 Jahren, sondern erst in 30 Jahren.

OLG Hamm; Urt. vom 11.01.1995, Az. 7 U 151/94(wie LG Wuppertal, Az. 17 O 244/90 u. LG Hagen, Az. 8 O 91/94; ähnlich OLG Zweibrücken, Urt. vom 10.02.1999, Az. 1 U 341/97; anders OLG Koblenz, Urt. vom 21.07.1999, Az. 1 U 220/98)

Wildschadensverhütungspauschale zulässig
§§ 26 - 29 BJG.
Anders als eine Pauschale zur Abgeltung von Wildschäden ist eine Pauschale zur Verhütung von Wildschäden wirksam. Es handelt sich insoweit nämlich um eine Vorsorgepauschale für den Ersatz von Aufwendungen für Maßnahmen zur Verhütung von Wildschäden. Aufwendungen für derartige Maßnahmen sind freiwillige Vermögensopfer, die nicht von § 11 Nr. 5b AGBG erfasst werden, da unter diese Vorschrift nur auf Schadensersatz und Wertminderung gerichtete Ansprüche fallen.
LG Trier; Az. 11 O 245/95, bestätigt durch OLG Koblenz, Urt. vom 03.03.1999, Az. 9 U 743/98

Formularmäßige Wildschadensübernahme rechtens
Die Vereinbarung im vorformulierten Text über die Erteilung einer Jagderlaubnis, wonach der Jagderlaubnisinhaber als Teil des Gesamtentgelts eine bestimmte Wildschadenspauschale zu zahlen hat, ist rechtens. Sie unterliegt nicht der richterlichen Inhaltskontrolle nach §§ 9 - 11 AGBGB.
BGH; Urt. vom 08.10.1998, Az. III ZR 278/97

Wildschaden an Spargel
§§ 29, 32 BJG
Spargel ist ein Gartengewächs. Wildschadensersatzansprüche können Spargelbauern daher nur dann geltend machen, wenn sie das Spargelfeld umzäunt haben.
LG Heidelberg; Az. 2 5 102/97

Wildschaden in einem Weinberg durch Rebenverbiss
Ein Jagdausübungsberechtigter muss nicht nur den Wildschaden an den Reben tragen, er muss auch den entgangenen Gewinn für die Mindermenge an erzeugtem Wein ersetzen.
LG Freiburg; Urt. vom 11.05.1999, Az. 7 S 146/98

Kein Wildschadensersatz auf jagdbezirksfreien Flächen
§§ 5, 29 BJG

  1. Auf jagdbezirksfreien Grundflächen steht dem Grundstückseigentümer kein Schadensersatzanspruch für Wildschäden zu.
     
  2. Die Untere Jagdbehörde ist nicht verpflichtet, zur Schaffung eines Wildschadensersatzanspruches, diese jagdbezirksfreien Flächen benachbarten Jagdbezirken anzugliedern.

BGH; Urt. vom 15.10.1998, Az. III 2R 10/98

Wildschadensschutzmaßnahmen zumutbar
§§ 29, 32 BJG
Einem Vorgartenbesitzer ist es zumutbar, sein Eigentum durch geeignete Maßnahmen selbst gegen Eindringen von Wild und Wildschäden zu schützen. Nur dann, wenn ihm ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt wird, kann eine Entschädigung in Betracht kommen(vgl. BGHZ 117, 240 u. 252). Außerhalb der Sozialbindung und damit das Maß des Zumutbaren überschreitend sind aber nur Wildschäden, die auch nach Lage des Falles nicht mit geeigneten und zumutbaren Mitteln verhindert werden können(vgl. BGH, Agrarrecht 1989, 107).
OLG Braunschweig; Az. 3 U 85/98
Eine Wildschadenersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Betreiber einer Christbaum-Sonderkulturpflanzung es unterlässt, einen ausreichenden, ortsüblichen Zaunschutz zu errichten oder in brauchbarem Zustand zu unterhalten.
LG Landshut; Urt. vom 02.02.2000, Az. 13 S 105/99 u. 106/99

Wildschadensverhütung keine Aufwendungen der Jagdgenossenschaft
Die Kosten eines Jagdgenossen für Maßnahmen zur Verhütung von Wildschäden an seinen Waldgrundstücken sind keine Aufwendungen der Jagdgenossenschaft. Sie dürfen daher nicht ertragsmindernd vom Reinertrag einer Jagdgenossenschaft abgezogen werden
VGH Baden-Württemberg; Az. 5 S 966/96

Frühzeitige Anmeldepflicht bei Wildschadensverdacht
Auch wenn zunächst unklar ist, ob es sich um Kaninchenfraß oder Schneckenfraß handelt, darf der Anspruchsteller nicht warten, bis die Ursache sicher festgestellt werden kann. Die Frist zur Anmeldung von Wildschaden beginnt nämlich bereits, wenn der Verdacht eines Wildschadens nahe liegt.
LG Itzehoe; Urt. vom 31.01.1995, Az. 1 S 289/94
Die rechtzeitige Anmeldung eines Wildschadens bei der zuständigen Behörde(in der Regel der örtlichen Gemeinde) sowie die Durchführung eines Vorverfahrens(gemäß §§ 34 u. 35 BJG i.V.m. § 25 AV-BayJG) ist in Bayern zwingende Voraussetzung für die Ersatzpflichtigkeit eines Wildschadens.
AG Freising; Urt. vom 15.12.1999, Az. 5 C 454/99

Wildschaden auf Stillegungsfläche
Wildschaden an Kartoffeln, die auf einer zu Erwerbszwecken offiziell stillgelegten Fläche angebaut worden sind, braucht nicht ersetzt zu werden.
AG Bernkastel; Urt. vom 25.04.1996, Az. 4 C 85/96

Abschussregelung dient auch Wildschadensverhütung und Waldschutz
§ 21 BJG; § 1 BwaldG

  1. Der Abschuss von (Schalen-)Wild ist, unter Berücksichtigung der Belange des Natur- und Artenschutzes, grundsätzlich so zu regeln, dass die berechtigten Ansprüche der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden voll gewahrt bleiben.
     
  2. Dem gesetzlich normierten Schutz des Waldes kommt ein Vorrang gegenüber den jagdlichen Interessen zu.

OVG Koblenz; Urt. vom 13.08.1997, Az. 8 A 10391/96

 

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