Eine gelebte Partnerschaft im Zeichen der Versöhnung

Beigebraune, karge Gebirgszüge, die inmitten einer scheinbar unendlichen Wüstenlandschaft aufragen; daran angrenzend eine langgezogene Wasserfläche, auf der kein einziges Boot treibt; über der Szenerie ein permanenter Schleier aus Dunst, durch den man die Berge auf der anderen Seite des Meeres nur erahnen kann – dieses fremde und zugleich faszinierende Bild prägt sich jedem ein, der von Jerusalem aus in den Süden Israels in Richtung Tamar fährt. Und plötzlich taucht in dieser Landschaft rechts oben auf einem kleinen Plateau eine grüne Oase auf: der Kibbuz En Gedi.

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Häuser im Kibbuz En Gedi.

Vom Konzept der Partnerschaft absolut überzeugt

Er war das Ziel der kleinen Delegation, die am 6. April von Bad Kissingen aus nach Tamar startete – in den Landkreis, mit dem uns seit 25 Jahren eine enge Partnerschaft verbindet. Mehrere hunderte Jugendliche haben seitdem am Austauschprogramm teilgenommen. Dabei sind Freundschaften entstanden, die bis heute andauern. „Das allein zeigt, dass diese Partnerschaft nicht nur auf dem Papier besteht, sondern tatsächlich gelebt wird“, sagt Landrat Thomas Bold.

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Landrat Thomas Bold (rechts) überreicht dem Landrat von Tamar, Nir Wangar, ein Gastgeschenk.

Er nahm das Jubiläum zum Anlass, gemeinsam mit zwei Stellvertretern, Brigitte Meyerdierks und Gotthard Schlereth, sowie den Kreistagsfraktionssprechern Wolfgang Dünisch, Siegfried Erhard, Roland Limpert und Volker Partsch nach Tamar zu reisen. Mit dabei war außerdem Edwin Metzler, der den Jugendaustausch von der ersten Stunde an begleitet hat. In En Gedi wurde die Gruppe von dem neuen Landrat Nir Wangar empfangen. Auch er ist vom Konzept der Landkreis-Partnerschaft absolut überzeugt: „Der Austausch ist sehr wichtig für die Entwicklung der Jugendlichen. Er trägt dazu bei, dass sie Vorurteile abbauen und Verständnis, vielleicht sogar eine Leidenschaft entwickeln für ein anderes Land, eine andere Kultur, eine andere Sprache.“

Beide Landkreise beherbergen einzigartige Schätze

Auf den ersten Blick unterscheiden sich die beiden Landkreise ziemlich voneinander: Tamar zählt etwa 1.400 Einwohner, die sich auf einer Fläche von 1.650 Quadratkilometern verteilen. Im Landkreis Bad Kissingen leben über 103.100 Menschen auf etwa 1.150 Quadratkilometern. „Und doch haben wir einiges gemeinsam“, erklärt Landrat Bold. So kämpfen beide Landkreise mit dem Problem, dass es viele Menschen zum Urlaub machen eher in die Großstädte zieht. „Dabei hat der Landkreis Bad Kissingen wie auch Tamar so viel Einzigartiges zu bieten - und genau das müssen wir noch deutlicher nach außen tragen.“ 

Tatsächlich beherbergt die Region im Süden Israels, speziell das En Gedi Naturreservat, schier unglaubliche Schätze: In traumhafter Natur entfalten biblische Orte wie der Davidwasserfall eine ganz eigene Magie. Und auch die Weltkulturerbestätte Masada – hier ließ Herodes um 40 v. Chr. eine riesige Palastfestung erbauen – brachte die Delegation zum Staunen. 

"Sink Holes": gefährliche Einsturztrichter

Wer Tamar besucht, verbindet das auch mit einem Abstecher zum tiefst gelegenen See der Erde: zum Toten Meer. Seit vielen Jahren auch ein trauriger Anblick, wie die Reisegruppe aus dem Landkreis Bad Kissingen mit eigenen Augen sehen konnte. Denn der Wasserspiegel sinkt aktuell um etwa 1,2 Meter pro Jahr, der See zieht sich langsam zurück. Grund dafür ist, dass aus dem einzigen Zufluss, dem Jordan, immer mehr Wasser entnommen wird. Das Absinken des Meeresspiegels hat dramatische Auswirkungen auf die Umwelt und den Tourismus – und ist obendrein gefährlich: Es entstehen stetig weitere „Sink Holes“, die bis zu 25 Meter tief und 50 Meter breit sein können. Diese Einsturztrichter, aktuell rund 7.000, brechen ohne Vorwarnung ein und können Infrastruktur zerstören, wie Tamars Landrat Nir Wangar erläuterte.

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Immer mehr riesige Krater, sogenannte Sink Holes, entstehen am Toten Meer.

Zusammenarbeit im Sektor Gesundheitstourismus denkbar

Gleichzeitig lockt das Tote Meer noch immer zahlreiche Touristen an, die etwas für ihre Gesundheit tun wollen. Unter anderem lindert das Wasser rheumatische Beschwerden, die im Meer vorkommenden Mineralien besitzen eine heilende Wirkung bei Hautkrankheiten wie Neurodermitis und Psoriasis. „Und genau das ist eine weitere Gemeinsamkeit unserer Landkreise – wir setzen uns beide intensiv mit dem Thema Gesundheitstourismus auseinander“, so Landrat Thomas Bold. 

Wie die Mineralien im Toten Meer die Haut vor Schäden schützen können, das und vieles mehr erforschen Mitarbeitende am Dead Sea and Arava Science Center in Masada. „Das ist großartige und fundierte Forschungsarbeit“, zeigte sich Landrat Thomas Bold bei einer Führung durch den Science Center beeindruckt. „Gerade in diesen Bereichen - also Haut und Gesundheit - kann ich mir eine Zusammenarbeit zwischen Bad Brückenau, Bad Bocklet und Bad Kissingen sowie dem Science Center sehr gut vorstellen.“ Eine Einschätzung, die die Kreisrätin sowie die Kreisräte nach dem Einblick in die Forschungsarbeit teilen.

Berührende Bilder in Yad Vashem

Am Ende ihrer Reise besuchte die Delegation gemeinsam die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem. Dort wird auch den Jüdinnen und Juden aus dem Landkreis Bad Kissingen gedacht, die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ihr Leben verloren haben. Auf den meterhohen Wänden im Tal der Gemeinden sind die Namen von über 5.000 jüdischen Gemeinden eingraviert, die im Holocaust zerstört wurden oder nur knapp überlebten – darunter auch Hammelburg und Bad Kissingen. Alle zeigten sich nach dem Besuch des einzigartigen Museums fassungslos und aufgewühlt. „Die Erinnerung an diese furchtbare Zeit ist schmerzhaft, aber wichtig. Sie soll uns eine Mahnung sein, aufeinander aufzupassen, aufeinander zuzugehen und einander zu respektieren“, betonte Landrat Bold.

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Ein originaler deutscher Viegwaggon, mit dem Jüdinnen und Juden von überall in Europa in die Vernichtungslager transportiert wurden, steht im Mittelpunkt der Denkmalstätte Yad Vashem. Fotos: Landkreis Bad Kissingen/Nathalie Bachmann

Mit diesen einzigartigen und bewegenden Eindrücken im Gepäck machten sich die Reisenden wieder auf den Weg zurück nach Hause. Beide Landräte sind sich einig, dass die Partnerschaft nicht nur fortgeführt, sondern mit neuen Ideen aufgefrischt werden soll. „Gemeinsam werden wir eine stabile Basis für die Zukunft schaffen“, erklären sie unisono. Zudem wollen sie überlegen, wie die Verbindung zwischen den Landkreisen weiter intensiviert werden könnte – eben beispielsweise mit einer Zusammenarbeit im Bereich Gesundheitstourismus. Wenn im Oktober eine Delegation aus Tamar nach Bad Kissingen kommt, sollen erste Ergebnisse ausgetauscht und diskutiert werden.

Hintergrund
Mehr über die Entstehung und Geschichte der Landkreis-Partnerschaft lesen Sie hier.

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