"Die Enkel zu verwöhnen, das ist das Privileg der Großeltern"

Herzlichen Glückwunsch, Herr Landrat Bold! 60 – das ist ein Geburtstag, den die meisten Menschen richtig groß feiern, der über Monate hinweg geplant wird. Aber seit fast einem Jahr geht das so ja nicht mehr…
Landrat Thomas Bold: Der Tag wird natürlich coronagerecht ablaufen – entgegen den ursprünglichen Überlegungen. Morgens gehe ich ganz normal ins Amt und erledige die dienstlichen Dinge. Sicherlich werden einige Gratulanten anrufen, auch ein Video-Chat ist geplant. Und am Nachmittag gehe ich dann nach Hause und feiere im allerkleinsten Kreis der Familie.Bold privat 1

Das ist freilich nicht die schönste Art, einen runden Geburtstag zu feiern…
B: Ich hätte ihn natürlich gerne anders gefeiert, das geht allen so. Aber im Moment hat einfach die Gesundheit Priorität und man muss sich den Gegebenheiten anpassen. Schade, ja. Aber es trifft ja nicht nur mich, sondern alle, die in diesen Zeiten feiern wollen – sei es ein Geburtstag, eine Hochzeit oder eine Taufe. Wichtig ist, dass wir gut durch die Pandemie kommen, und dem muss man alles unterordnen.

Einen runden Geburtstag nehmen viele Menschen zum Anlass, eine Zwischenbilanz zu ziehen: Was habe ich im Leben bisher erreicht, welche Ziele habe ich noch? Beschäftigt Sie das auch?
B: Natürlich ist so ein Geburtstag ein willkommener Anlass, sein Leben zu reflektieren. Ich kann für mich sagen: Ich bin sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf. Ich habe Glück gehabt im Leben bei drei wesentlichen Dingen:

Gesundheit: Da bin ich bisher verschont geblieben von großen gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Das ist das größte Glück, das man haben kann.

Familie: Ist mir extrem wichtig. Umso schöner ist es, dass meine Familie intakt ist, obwohl die Belastung im Beruf tatsächlich sehr groß ist. Meine Frau und ich haben ein sehr gutes Verhältnis zu unseren beiden Kindern und unseren Eltern. Und wir haben mittlerweile einen Enkel, der uns sehr viel Freude bereitet. Ich bedaure oft, dass ich im Moment nicht mehr Zeit mit ihm verbringen kann. Aber wenn er bei uns ist, genießen wir das, weil es einfach erfrischend ist. Wir erleben so viele schöne und bewegende Momente mit ihm.

Bold privat 6Beruf: Auch hier hatte ich Glück. Ich habe alles gerne gemacht: Ich war gerne Polizeibeamter. Diese Jahre möchte ich nicht missen, ich habe unheimlich davon profitiert, auch durch die Erfahrungen, die ich dort sammeln konnte. Dann war ich sechs Jahre Bürgermeister in Wartmannsroth mit einem ganz anderen Aufgabenspektrum. Und dann die letzten fast 19 Jahre als Landrat mit den Möglichkeiten, gestalten zu können, Entscheidungen treffen zu können, Dinge voranzubringen, Projekte umzusetzen, Menschen zu helfen – das macht sehr viel Spaß, nach wie vor, und es erfüllt mich. Insofern bin ich mit der Bilanz sehr zufrieden.

Sie haben Ihren Enkel angesprochen. Großeltern haben ja den Ruf, die Enkelkinder sehr gerne zu verwöhnen. Hand aufs Herz: Tun Sie das auch?
B (schmunzelt): Natürlich, sogar sehr gerne. Das erste was wir bekommen haben, nachdem wir Großeltern wurden, war ein Schild, auf dem steht: „Wir müssen nicht Nein sagen, wir sind Oma und Opa“, und das ist der Vorteil. Als Eltern sieht man manche Dinge anders, weil man eben auch immer an die Erziehung denkt. Wir können manches lockerer angehen. Dennoch schauen wir immer, dass wir nicht gegen die Grunderziehung, gegen den Willen der Eltern handeln, also dass wir nicht alles ganz anders machen. Das würde zu Konflikten führen. Aber man darf die Enkel schon verwöhnen, das gehört dazu. Das ist das Privileg der Großeltern.

Sie sind großer Skandinavien-Fan. Was fasziniert Sie so an der Halbinsel?
B: Wir haben eine Liebe zu den nordischen Ländern entwickelt - ob das Skandinavien ist oder auch das Baltikum. Das ist ein toller Naturraum, der nicht so überlaufen ist wie viele andere Urlaubsziele, an denen sich die Menschen in großen Massen tummeln. Man kann ein Stück weit für sich allein oder zu zweit oder mit der Familie sein und die Natur genießen. Sich dort bewegen – ob man wandert oder andere Hobbys hat. Das etwas kühlere Klima gefällt mir auch ganz gut. Im Sommer in den Süden zu reisen, um sich dort in der Hitze zu quälen – das ist nicht unsere Vorstellung von Urlaub. Die nordischen Länder bieten ein einzigartiges Naturerlebnis, dort wechseln sich Meer, Berge und Grünland ab – toll! Ich kann es nur empfehlen, das wird weiterhin für mich ein attraktives Reiseziel bleiben.

Bold privat 3Ein attraktives Naherholungsgebiet haben wir ja direkt vor der Haustür: die Rhön. Sie wandern gerne, steigen – wenn es die Zeit zulässt – aufs E-Bike. Wohin geht dann die Reise?
B: Zunächst mal – und das ist auch der Grund, warum mir Skandinavien so gut gefällt: Wir haben kein Hochgebirge, aber ein Mittelgebirge. Es ist grün bei uns, wir haben abwechslungsreiche Wälder. Man ist gleich in der Natur, wenn man das Haus verlässt und kann dann auch abschalten. Ob man wandert oder Fahrrad fährt: Es macht den Kopf frei. Und das ist auch, wenn man beruflich stark beansprucht ist, sehr positiv, wenn man aus der Hektik des Alltags raus die Möglichkeit hat, in die Natur zu gehen. Und das ist bei mir von zu Hause aus – ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad – möglich. Und in der Rhön gibt es zahlreiche schöne Orte: den Kreuzberg, den Heiligen Berg der Franken. Ihn zu erleben, ist immer wieder schön. Aber egal, auf welcher Kuppe man steht: Wenn man das Rhöner Kuppenspiel sieht, blickt man auf eine Landschaft, die unbeschreiblich schön ist und wir können dankbar sein, hier leben zu dürfen. 
Das sehen offenbar gerade viele so. Durch die Pandemie verschieben sich die Schwerpunkte bei den Menschen und so wird die Schönheit, die man in der unmittelbaren Nähe hat, wieder mehr geschätzt.

Lassen Sie uns eine kleine Runde „Sekt oder Selters“ spielen: Fünf Begriffspaare, Sie entscheiden sich für einen Begriff und begründen kurz, weshalb. 

Pink Floyd oder Led Zeppelin?
B: Pink Floyd, aber da bin ich generell nicht so festgelegt.

Sommer oder Winter?
B (überlegt lange): Winter, weil der Schnee gerade bei uns in der Region regelrechte Märchenlandschaften entstehen lässt.

Bold privat 4Berge oder Meer?
B: Berge UND Meer, das ist das, was Skandinavien ja so interessant macht. Jedes hat seinen Reiz. Aber grundsätzlich eher Berge.

Wein oder Bier?
B: Wein, wir sind eine traditionelle Weinregion hier im Saaletal mit hervorragenden Weißweinen.

Kino oder Theater?
B: Theater, denn Menschen zu begegnen und ihr Spiel live zu erleben ist eine Sache, die ich immer wieder spannend finde.

Gibt es ein historisches Ereignis, bei dem sie gerne dabei gewesen wären?
B: Die Öffnung der Mauer in Berlin. Man hat es zwar erlebt, also man hat die Bilder im Fernsehen gesehen, aber natürlich erlebt man das emotional wesentlich stärker, wenn man dabei ist. Live vor Ort.

Mit welcher Person des Zeitgeschehens würden Sie gerne einmal zu Abend essen?
B: Da sind bei mir aktuell keine Wünsche offen, einfach weil ich durch mein Amt viele tolle Begegnungen erleben konnte.

Welche hat sie am meisten beeindruckt?
B: Die persönliche Audienz bei Papst Benedikt XVI., das war ein beeindruckendes Erlebnis. Und ein Konzert bei ihm in Castell Gandolfo. Das durfte ich zweimal erleben, unvergesslich!

Wo lagen bei Ihnen in der Schule Ihre Stärken bzw. Schwächen?
B: In Latein hatte ich durchaus Defizite, ich bin eher der Naturwissenschaftler. Analyse, logisches Denken – das liegt mir weit mehr.

Welchen Wunsch hegen Sie, den Sie nicht mit Geld kaufen können?
B: Mein größter Wunsch im Moment ist, dass wir wieder mehr Normalität im Leben haben. Der persönliche Kontakt und das, was damit verbunden ist, fehlen mir durch die Pandemie sehr. Dass das zurückkehrt, das wünsche ich mir, das wünsche ich auch vielen anderen Menschen, weil das einfach für unser Zusammenleben wichtig ist.

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